17. November 2023
Die Runde überlegte nicht lange und identifizierte zehn Herausforderungen, denen sie und viele weitere der Branche tagtäglich gegenüberstehen:
1. Geänderte Raumgeometrien- und Flächennutzungskonzepte
2. Aufwendige energetische Sanierungen
3. Wenige Expert:innen auf dem Markt
4. Geänderte Anforderungen an Mobilität
5. Neue Anforderungen an Arbeitsplätze und Komfort
6. Wechselnde Fördermittel und Anreize
7. Unerwartete Ereignisse im Entwicklungsprozess
8. Wenige Benchmarks
9. Viele kommunale Unterschiede
10. Automatisierungs- und Digitalisierungsvorhaben nicht ausreichend standardisiert
Doch wie kann die Branche diesen Herausforderungen begegnen und den Bestand auf ein neues Niveau heben? Aufgrund meiner Vorprägung kann ich nur einen relevanten Baustein einbringen, der mir doch so offensichtlich erscheint. Wir wollen den zehn Herausforderungen mit Digitalisierung begegnen – aber wie?
1. Geänderte Raumgeometrien- und Flächennutzungskonzepte
Moderne Scan-Systeme erlauben ein digitales Abbild von Assets. Diese können als Grundlage für weitere Planungen genutzt werden. Auf den Plänen und Daten aufbauend können KI-basierte Planungsansätze schnell eine Vielzahl von Varianten zur Entscheidungsfindung generieren.
Beispiele: Das noch junge Unternehmen Rehub digitale Planer GmbH bietet digitale und durchgängig mit der BIM-Methode geplante Architekturleistungen in den Leistungsphasen 1-7 an. Das Unternehmen gestaltet den Entwicklungsprozess somit aktiv mit und strebt danach, unerwarteten Ereignissen durch innovative Lösungen präventiv entgegenzuwirken.
2. Aufwendige energetische Sanierungen
Durch die Transparenz, die sich durch die Energieeffizienzklassen ergibt, machen wir einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Fehlend sind die realen Werte aus der Nutzungsphase. Moderne Nachrüst-Kits helfen, eine erste Transparenz über den eigentlichen Zustand des Gebäudes zu erhalten. Neben Strom- und Wärmeverbräuchen können Raumtemperaturen und Feuchtigkeit genauso wie C02-Werte ermittelt werden.
Beispiele: LineMetrics ist eine fortschrittliche Analyseplattform für Gebäude und Anlagen, die mithilfe modernster Technologie sämtliche Arten von Sensordaten mühelos erfasst. Durch drahtlose Verbindungen und Echtzeitmessungen, die direkt über die Cloud in der Plattform angezeigt werden, ermöglicht sie nicht nur eine unkomplizierte Installation in Neubauten, sondern gestattet auch eine rasche Nachrüstung in bestehenden Gebäuden. Dies schließt die präzise Messung und Analyse der CO2-Konzentration in Innenräumen mit ein.
3. Wenige Expert:innen auf dem Markt
Bei der Nachwuchsförderung bildet die FH Aachen innovative junge Köpfe aus, die sowohl umfassende Programmierkenntnisse als auch die Fähigkeiten besitzen, anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen und komplexe Software zu entwickeln. Aber auch digitale und physische Fortbildungen für Fach- und Führungskräfte helfen dabei, die Immobilienbranche auf die nächste Phase der Evolution vorzubereiten.
Beispiele: Die FH Aachen, in ihrer Vorreiterrolle bei der Nachwuchsförderung, holt Interessierte schon möglichst früh ab. Qualitativ hochwertige Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Smart Building durch digitale Fortbildungen bietet die VDE einem viertägigen Kurs an. Auch das Center Smart Commercial Building (CSCB) mit seinem Zertifikatskurs „Digital Real Estate Manager“ bietet ein attraktives und anerkanntes Fortbildungsangebot an, in dem hochkarätige Referent:innen aus Wirtschaft und Wissenschaft die Skills für die Zukunft des Digitalen Real Estate Managements vermitteln.
4. Geänderte Anforderungen an Mobilität
Softwarebasierte Analysen von Arbeitsstätten und Wohnorten ermöglichen die Entwicklung von Mobilitätskonzepten, die den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen. Hierüber können Stellplätze reduziert und für andere Nutzungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.
Beispiele: Die Metropolitan Cities MC GmbH bietet mit seiner Mobility Analyzer ein hilfreiches Tool zur Analyse des Mobilitätsverhaltens und ermöglicht, basierend auf dem Nutzerverhalten, valide Handlungsempfehlungen. VEOMO bietet ebenfalls Mobilitätskonzepte für Immobilien an, um Stellplätze zu reduzieren und die Attraktivität des Standortes zu verbessern. MOBIKO ist eine Mobilitätslösung, die es dem Arbeitgeber ermöglicht, die Mitarbeitermobilität zu verwalten, Mobilitätsbudgets festzulegen, dieses steuerkonform abzurechnen sowie die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel wie bspw. Carsharing zu belohnen: und das alles via App.
5. Neue Anforderungen an Arbeitsplätze und Komfort
Workplace Apps und Sensorik zur Messung von Auslastung und Präsenz helfen bei der kontinuierlichen Anpassung von Zonen und Arbeitsplätzen.
Beispiele: Eine ganzheitliche Lösung bietet die Pinestack GmbH an. Mit mobiler Raumbuchung, Funktionen zur Gebäudeautomation sowie effektivem Energiedaten-Management wird aus einer Immobilie ein Smart Building. Auch IEE S.A bietet Komplettlösungen an, legt den Fokus dabei aber mehr auf Zugangskontrollen, Zählstellen und Objektüberwachung. Die Zumtobel Group ist international führender Anbieter ganzheitlicher Lichtlösungen und -management und bringt Lichtqualität und Energieeffizienz in Einklang.
6. Wechselnde Fördermittel und Anreize
Plattformen auf Bundes-, Landes- und Stadtebene schaffen Transparenz über mögliche Förderungen und erleichtern den Zugang zu Unterstützung.
Beispiele: Insbesondere die KfW Bank bietet mit wechselnden Fördermöglichkeiten immer wieder attraktive Anreize in verschiedensten Bereichen. Zudem steht über ein Bundesportal eine Förderdatenbank zur Verfügung, welche die aktuellen Programme auffindbar macht.
7. Unerwartete Ereignisse im Entwicklungsprozess
Wie schaffen wir es, die Substanz des Bestands bewertbar zu machen, ohne aufwendige technische Due-Diligence-Vorhaben voranzuschieben? Uns ist keine Lösung bekannt, die hier schnell und einfach Abschätzungen gibt. Kennen Sie eine?
8. Wenige Benchmarks
Hier hat sich noch keine Plattform etabliert, die für alle zugänglich ist. Ein Appell an die Hochschulen und Fördermittelgeber, eine umfassende Datenbank aufzubauen, die als Leitfaden für die Bewältigung der immer wiederkehrenden Herausforderungen dient.
9. Viele kommunale Unterschiede
Auch hier haben wir als Gesellschaft noch keine Antwort gefunden, aus der Stärke des Föderalismus zusätzlich Sicherheit an die Entwickler:innen zu geben.
10. Automatisierungs- und Digitalisierungsvorhaben nicht ausreichend standardisiert
Durch die Analyse der Bausubstanz und die Abschätzung sinnvoller Digitalisierungsmaßnahmen können Gebäude auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten und energetisch optimiert werden. Ansätze wie der Smart Readiness Indicator (SRI) geben Einblicke in Optimierungsmöglichkeiten der Gebäudeautomation, aber noch keinen Hinweis auf die Potenziale in der Nutzung.
Im Nachgang der Runde konnten wir feststellen, dass bereits sechs der großen Herausforderungen durch digitale Lösungen handhabbar sind. Dadurch können die Entwickler:innen deutlich einfacher, schneller und kostengünstiger ihre Herausforderungen bewältigen. Aber was machen wir mit den anderen, offenen Herausforderungen?
Ein Appell des Centers Smart Commercial Building, diese anzugehen, damit der Bestand wirklich eine Zukunft hat:
- Bestand digitalisieren: Nur so können unerwartete Ereignisse im Entwicklungsprozess minimiert werden. BIM und die Formitas AG machen hier große Schritte hin zu einer digitalen Grundlage für Entwickler:innen und Planer:innen.
- Benchmarks zusammenführen: Best- und Worst-Practices helfen voneinander zu lernen und schneller besser zu werden. Eine für alle zugängliche Benchmark-Plattform würde helfen, die Komplexität in den Vorhaben zu reduzieren und Unsicherheiten zu minimieren.
- Kommunales standardisieren: Auch bei den kommunalen Unterschieden müssen wir es schaffen, einige Grundbausteine zu vereinfachen. Hier ein Appell an Kommunen, Länder und Bund, einen standardisierten Katalog zu erarbeiten, der dabei hilft, Transparenz und Sicherheit für Entwickler:innen zu geben. Ein erstes Forschungsvorhaben kann den Anschub dazu geben. Freiwillige vor – das CSCB wäre gerne dabei!
- Digitaler Baukasten: Ein Baukasten mit den Grundlagen fehlt! Noch heute wird jedes Vorhaben als Unikat erarbeitet. Das ist nicht nur ineffektiv, sondern auch ineffizient. Daher muss ein Baukasten für den Bestand her, der eine Skalierung möglich macht! Das “Digital-Refurbishment-Kit“ ist durch das CSCB mit seinen 23 Partnern in Arbeit!
Zum Abschluss wird in Anbetracht der oben beschriebenen Lösungen klar, dass die Digitalisierung der Schlüssel zur Bewältigung der zehn Herausforderungen ist. Sie schafft nicht nur Transparenz und Effizienz, sondern ermöglicht es, den Bürobestand auf ein neues Niveau zu heben, das den Anforderungen der Zukunft gerecht wird. Mit mutigen Projektentwicklern wie Art-Invest Real Estate Management GmbH & Co. KG und Landmarken AG an unserer Seite und den digitalen Werkzeugen in der Hand, sind wir bereit, die Zukunft der Büroimmobilienbranche zu gestalten.
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Dr. Denis Krechting
Centerleiter & Geschäftsführer
Center Smart Commercial Building